Unsere erste Motorradreise in diesem Jahr ist, ich erwähnte es bereits, eine sehr spontane und rein an rationalen Ergebnissen orientierte Reise. Wir haben uns an den Corona Handlungsweisen / Empfehlungen der Länder orientiert und unseren Arbeitgeber - im Falle von möglichen Einschränkungen dabei nicht außer Acht gelassen. Das Besondere dieser Reise ist die Tatsache, dass nicht das Entdecken eines "ganzen Landes" im Vordergrund stand, in Form einer umgänglich Rundreise, sondern die ausgiebige Entdeckung einer ganzen Region, also sehr konzentriert. Die Toskana sollte es aus verschiedenen Gründen sein, doch dazu vielleicht später ein paar Infos.
Es gab viele gute Gründe für die erneute Wahl des Autoreisezugs. Preis / Leistung, Stornierung, Nachtfahrt, ein ganzes Abteil alleine und natürlich die Entfernung vom Zielbahnhof Innsbruck nach Italien. Ja, wieder eine Stunde Verspätung und wieder sind die Betten für Personen mit Gardemaß deutlich zu klein, was die Qualität des Schlafs dann doch deutlich mindert. Aber das Personal ist nett und dann ist es auch i.O., schließlich ist Urlaub. Ankunft um 10°° bei strahlendem Sonnenschein. Will ich meckern? Nein! Ich hätte einen anderen Weg gewählt, aber die beste Sozia von allen kannte weder den Reschenpass, noch das Stilfser Joch. Also ab dafür. Beide Pässe waren naheliegend für den weiteren Streckenverlauf. Waren die Kehren auf das Joch schon immer so eng? Ich kann mich nicht erinnern. Wow, ich möchte nicht wissen, wie viele Motorradfahrer sich dort auf die Seite legen, vor allem im Urlaubstrimm. Man muss schon genau schauen, ob von oben jemand kommt! Oben war alles leer, im Gegensatz zu früheren Zeiten, ohne die Pandemie. Ich will nicht meckern, dann kann man einfach mal wieder in Ruhe schauen. Tagesziel: Der Lago d'Iseo.
Pisogne, am Lago d'Iseo, war unser erster Kontakt in Italien in Verbindung mit der Pandemie. Wir waren überrascht mit welcher Disziplin dort fast alle Menschen im Ort die Maske tragen. Selbst auf den Rollern, im Eiscafé, im Auto, im Hotel sowieso. Diese Erkenntnis zog sich durch den ganzen Urlaub und sollte mittlerweile viele Menschen anderer Länder motivieren, der geschundenen Tourismusbranche (überall) auf die Beine zu helfen! In den Hotels geht die Vorsorge vom regelmäßigen Desinfizieren, bis hin zum bedienten Frühstück und der allgegenwärtigen Bereitstellung von Desinfektionsmitteln. In den Museen wird sogar elektronisch die Körpertemperatur gemessen. Meiner lieben Ehefrau ist aufgefallen, dass die Akzeptanz bei den Italienern anscheinend höher ist, als bei den "Besuchern". Mich hat das total berührt, sind doch die südländischen Temperamente eher für einen lässigeren "way of life" bekannt. Ich stelle hier nicht die Sinnhaftigkeit zur Diskussion, sondern möchte aufzeigen, wie anscheinend alle an einem Strang ziehen und unsere Reise hoffentlich bald für alle wieder selbstverständlich werden lassen.
Mit unserem morgendlichen Start in Pisogne beginnt unsere Suche nach der Toskana. Wir befinden uns in der Region Lombardei, durchqueren die Emilia - Romagna und wollen den Tag schließlich in der Toskana beenden, bzw. den Urlaub dort beginnen. Das Tagesziel ist die Stadt La Spezia, die aber bei dessen Erreichen SOFORT aus unserer Liste gestrichen wird. Zu groß, zu industriell und nicht ansatzweise unseren Vorstellungen entsprechend. Hier ist sie nicht, unsere Toskana. Es ist schwierig die ganze Strecke nach Ihren Besonderheiten zu beschreiben und zu beurteilen. In erster Linie waren wir am Erreichen unseres Zieles interessiert und nicht daran, alles an Besonderheiten zu streifen, die hier eher rar gesät sind. Die Poebene ist landschaftlich unspektakulär und dominiert durch eintönige und wenig abwechslungsreiche Ortschaften oder Natur. Sie ist landwirtschaftlich orientiert, was allenthalben zu sehen ist. Nichts bietet in dieser Einöde Schutz vor der brennenden Sonne. Wer sich die Gegend bei GOOGLE Maps anschaut, der wird erkennen das es hier wenig lohnenswert ist. Die Situation ändert sich mit dem Erreichen des Gebirgszuges des Nationalparks Appenin. Die SS62 erreichen wir durch puren Zufall, anstelle von langwieriger Vorbereitung. Sie beschert dem Motorradfahrer 40! Kilometer Fahrfreude vom Feinsten. Nicht wegen möglicher extremer Fahrweisen, sondern durch seine hohe Beständigkeit an schwungvollen Kurvenkombinationen, die ein (für mich) absolut erregendes und gleichmäßiges Fortkommen ermöglichen, mit einer Landschaft und hohen Reizwerten für das Gemüt. Wer hier seine Geschwindigkeit gefunden hat, kann jede Kurve gefahrlos fahren, hat aber nie das Gefühl unterfordert zu sein. Gänsehaut!! Mein Tipp! SUCHEN, FINDEN, MACHEN!
Auf den Passplateau ist, wie so häufig in unserem Urlaub, nichts los. Alles ist verlassen. Schade, hier wäre sicherlich mehr möglich. Ach ja, anstelle von La Spezia entscheiden wir uns für den Ort San Terenzo und bereuen nichts! Hier passt alles! Es ist so schön hier, dass wir um einen Tag verlängern. Auch der Hotelier freut sich riesig, schließlich fehlen die Touristen. Wir freuen uns auch, also ein "Quid pro quo! Wer die Stadt Pisa besuchen möchte, der sollte das nicht aus nördlicher Richtung tun. Von unserem Standort bis in die Stadt waren nicht mehr als 70 Kilometer, die aber eineinhalb Stunden kostbare Lebenszeit verbraucht haben. Der Gedanke, an der Küste die schönen Momente einzufangen, hat sich als totaler Reinfall entpuppt. Endlose Strandpromenaden, Lokale, Kinderbespaßung und Sonnenschirme, die auf die Buchbarkeit der beliebtesten Strandeinheiten hinweisen und kaum Einsicht auf das Meer zuließen. Gruselig! Für ganz Pisa reichte die Zeit nicht und somit beschränkte sich unser Besuch auf das Gelände rund um den schiefen Turm. Der Mangel an Touristen ermöglichte das Parken direkt vor dem Eingangstor und minderte unsere Strapazen deutlich! Es waren kaum Menschen auf dem Gelände, was das Fotografieren sehr erleichterte.
Die Rückfahrt erfolgte dann in Teilen auf der Autobahn, um dieses Desaster zu umfahren. Von der Autobahn wieder runter, war der Zustand nicht besser. Die genannte SS1 war eine Katastrophe ohne Alternative. LKW's, enge, unattraktive Ortschaften, zähfließender Verkehr, brüllende Hitze, vieles war alt und verfallen. Schade. Auf der Hinfahrt haben wir schon von der Küste aus die Marmorsteinbrüche von Carrara entdeckt und uns fest vorgenommen, diese auch zu besuchen und mit der Drohne zu filmen. Gesagt, getan. Ich kann im Nachhinein in Worten nicht beschreiben wie groß der Schaden an der Natur ist, der dort zugelassen wird. Selbst beim Schreiben dieser Zeilen fehlen mir die Worte für diesen Frevel an der Natur. Selbst GOOGLE Maps hat einen weißen Fleck auf der Landkarte, der zeigt, das hier TEILE EINES INTAKTEN GEBIRGES nie wieder erschaffen werden können! Zack, weg! Das ist nicht unsere Toskana! Der Fairness muss man jedoch erwähnen, das von diesen gewaltigen Abraumhalden eine Faszination ausgeht, der man sich nicht entziehen kann. Ein uns bekannter Steinbruch in Deutschland ist ein Fliegenfurz dagegen. Ich könnte heulen. Um sich ein Urteil erlauben zu können haben wir eine Jeeptour gebucht um in das Innere zu der Steinbrüche zu fahren, doch dazu später mehr... Ein paar Tage später lief auf ARTE eine Sendung zu dem Thema, die wir uns im Urlaub auch angeschaut haben.
Unsere Tour in die Steinbrüche hatten wir nicht wirklich geplant, es war eine spontane Entscheidung. Schade, denn das Thema hat mich im Nachhinein brennend interessiert. Wir waren in den "Frantiscritti" - Steinbrüchen. Es gibt mehrere Anbieter für die zig Steinbrüche in dem Gebiet. Einfach mal recherchieren. Die angebotenen Touren können einen ganzen Tag in Anspruch nehmen und kosten dann auch mehrere hundert Euro. Mann kann sogar unter Tage fahren und die Marmorhöhlen besichtigen. Die Möglichkeiten sind vielschichtig. Wir sind bis auf 1.500 mtr. ü.n.N mit dem Jeep gefahren und hatten einen grandiosen Rundumblick, von dem Spektakel drumherum einmal abgesehen. Die Führung wird in verständlichem Schulenglisch nachvollziehbar erklärt. Viele Informationen wurden platziert. Pisa war innerstädtisch schnell und ohne Probleme zu erreichen. Wir hatten leere Motorradkoffer dabei und haben uns vor Ort umgezogen. Mit voller Montour ist das nicht (entspannt) machbar. Mit dem Parkplatz hatten wir wirklich Glück. Ohne Pandemie hätten wir selbst einen Platz für das Motorrad lange suchen müssen. Das Gelände lässt sich ohne Eintritt besichtigen, das Baptisterium, die Kathedrale und der Turm kosten jedoch Geld. Wer sich die Kommentare zu der Sehenswürdigkeit im Internet anschaut, der liest häufig das die Menschenmassen den Besuch kritisch beeinflusst haben. Puh, wir hatten großes Glück. So, jetzt fahren wir nach Florenz...
Der Weg nach Florenz war geprägt von großer Vorfreude, wusste ich doch aus alten Zeiten von der Schönheit dieser Stadt zu berichten. Endlich finde ich die Gelegenheit auch meine liebe Ehefrau daran teilhaben zu lassen. Doch bis dahin lautet unser Motto "der Weg ist das Ziel" und genau das verfolgen wir auch. Die Erfahrung der letzten Tour hat uns aufgezeigt, dass es deutlich besser ist die Küste zu umfahren und sich in das Landesinnere zu begeben. Gesagt, getan. Noch immer ist das Bild UNSERER Toskana Lichtjahre entfernt, denn wir durchqueren auf engen, sehr kurvigen und dicht bewaldeten Straßen die Apuanischen Berge bzw. deren Täler. Viel zu sehen gibt es deshalb nicht. Von echten Sehenswürdigkeiten ganz zu schweigen. Ich bin im Urlaub auf dem Motorrad immer der "Schmidtchen Schleicher", weil ich die neuen und schönen Gegebenheiten der Streckenführung total in mich aufnehmen möchte. Raserei um der Kurven willen ist mir viel zu kurzlebig. Manchmal kann ich die Begeisterung darüber, wie sich ein Motorrad in die Wechselkurven fallen lässt nicht in Worte fassen. Und mit ein wenig Feuer in den Zylindern lässt es sich aus jeder Wechselkurve auf das Optimalste herausbeschleunigen, was mir immer wieder Gänsehaut bereitet. Kurz gesagt. Eine wunderschöne Strecke bis in die Stadt Florenz war unser Begleiter...
In Florenz hatten wir wirklich großes Glück bei der Suche des Hotels. Mein Dank geht an meine liebe Sozia und Ehefrau, die sich über www.booking.com immer große Mühe gibt, um das beste Preis- Leistungsverhältnis für das Ziel zu finden. Hier ist es gelungen. Unsere Unterkunft ist nur einen Steinwurf von der Innenstadt entfernt und die nächstgelegene Sehenswürdigkeit ist die Brücke "Ponte Vecchio". Von dort aus sind es nur ein paar Gehminuten bis in die Innenstadt und in die Nähe der meisten Sehenswürdigkeiten, die in dem Reiseführer benannt werden. Das Auffinden des Hotels ist eine große Schwierigkeit, denn die vielen Einbahnstraßen sorgen dafür, dass ein einmaliges Vorbeifahren eine weitere Ehrenrunde um mehrere Häuserblocks erforderlich macht! Also Obacht bei der Wahl des Hotels! Das Hotel verfügt über eine Dachterrasse, welche uns, bevor wir in die Stadt gehen, einen kurzen Überblick darüber verschafft, wie schön Florenz von oben ist. Ein Aperölchen erscheint uns als der richtige Einstieg. Florenz gilt als eines / das Highlight, wenn man sich für Kulturgeschichte, italienische Historie, Malerei, bildende Künste, ... interessiert. Museen gibt es hier en Masse, für jeden ist etwas dabei. In dem Stadtplan des Hotels hingegen werden echte Sehenswürdigkeiten, bei denen es ist ein "Ahh" und "Ohh" geben soll, anscheinend unterrepräsentiert. Egal, unser Ziel, einfach mal wieder ohne Motorradkleidung spazieren gehen zu können, ist Gold wert. Auch ohne explizite Hinweise gibt es für uns Laien ausreichend alte Luft zu schnuppern. Dann mal los...
Das nächste Ziel muss dringend unsere Toskana sein, sonst flippe ich aus. Die Ziele versprechen einiges. Von Florenz aus erreichen wir die nördlichen Ausläufer der uns allen bildlich bekannten Toskana. Ich kann es kaum erwarten. Doch erst durchqueren wir wieder dichtbewachsene Waldgebiete, welche sich nach Süden hin öffnen und erste Bilder UNSERER Toskana preis geben. So ganz zufrieden bin ich noch nicht, aber es wird... Das Chianti-Gebiet ist eine Hügelkette im Zentrum der Toskana, in der schon seit Jahrhunderten Chianti-Wein produziert wird. Das Weinbaugebiet macht ca. ein Drittel der gesamten Toskana aus. Ich will gar nicht so tun als wäre eine Reise mit dem Motorrad der Weisheit letzter Schluss und das Maß der Dinge. Wenn wir ehrlich zueinander sind, dann müssen wir zugeben, dass das Motorradfahren und das Besichtigen und entdecken neuer Regionen normalerweise strikt voneinander getrennt werden müssen. An einem Tag wie heute, als wir uns nach umfangreicher Vorbereitung fest vorgenommen haben die Stadt San Gimignano anzuschauen, mussten wir enttäuscht feststellen, dass wir klein beigeben müssen. Der Ort unserer Begierde, von dem alle Reiseführer in den allerhöchsten Tönen schwärmen, befand sich hinter dicken Wehrmauern und war für den Zivilverkehr gesperrt. Eine Besichtigung in voller Schutzkleidung hätte uns an unsere Grenzen gebracht, obwohl wir - wie schon so oft geschehen - uns vor Ort umziehen könnten, aber dieses Mal wegen der vollen Koffer ALLES auf der Maschine liegen lassen müssten. Außerdem sind 35°C eine Ansage an die Kondition.
Schade, also einen schönen Ort abseits des Trubels aufsuchen und die Drohne dort über die Stadt steigen lassen... Ist nicht das gleiche, klappt aber vergleichsweise gut. Die fahraktivste Sozia von allen hat für den Zielort in Siena schon ein "Hotel" für uns klargemacht. Die Lage außerhalb des Ortes verspricht ein Ambiente, welches einem Landhaus nicht unähnlich sein soll. Ich freue mich. Wie gesagt, die Stadt San Gimignano, bekannt für ihre vielen Türme, die früher den Reichtum ihrer Besitzer aufgezeigt haben, je höher sie waren, ist passé. Egal, alles anzuschauen wird nie möglich sein. Dann fahren wir halt weiter Motorrad auf diesen wunderschönen Straßen, denn auch deshalb sind wir hier... Wir erreichen heute schon recht früh unseren Zielort in Siena und sind wirklich sprachlos! Diese Unterkunft ist nicht luxuriös im materiellen Sinne, sondern wegen der unvergleichlich schönen Aussicht und Lage unseres Zimmers, welches ebenerdig in eine riesige Terrasse mündet, die keine Terrasse im eigentlichen Sinne ist. Wir richten uns ein, sitzen auf unserer "Terrasse", resümieren über den Tag, planen den Abend und, soweit möglich, den morgigen Tag. Eigentlich wollten wir von unserem aktuellen Standort aus nicht mehr losmarschieren um uns die Altstadt anzuschauen, sondern das auf den morgigen Tag verschieben. Aber wir haben Hunger, die Entfernung ist angemessen und wir haben Interesse daran, ohne Motorradkleidung ein wenig die abendliche Atmosphäre zu entdecken. Gesagt, getan.
Abends, wenn die Hitze verschwindet, werden solche Orte plötzlich hellwach und wir sind froh über unsere Entscheidung. Aber morgen ist auch noch ein Tag. Die Stadt Siena! Hauptstadt der Region Toskana. Sie steht unter dem Schutz der UNESCO als Weltkulturerbe und ist in jeder Hinsicht einen Besuch wert. Wir haben uns einen Tag Zeit genommen, um uns ein wenig auszuruhen und gleichermaßen in der Historie dieser Stadt zu schnuppern. Auf die Empfehlung unseres Gastgebers haben wir uns für die Sehenswürdigkeiten der Stadt Kombitickets gekauft, mit einer Nutzungsdauer von 3 Tagen. Mehr als einen Tag wollen wir uns aber nicht damit beschäftigen. Das wird ausreichen, da sind wir uns sicher. Die Hitze ist nicht auszuhalten. Glücklicherweise sind wir dieses Mal im legeren, sommerlichen Outfit unterwegs. Die Straßenzüge sind eng, die Häuser stehen nah beieinander, das sorgt für die nötige Kühle und macht das Wandern erträglich. Die Details dieser wunderschönen Stadt hier näher zu erläutern, würde den Rahmen sprengen. Kirchen, Türme, das älteste Krankenhaus der Stadt, die Stadt selber, ... alles haben wir uns angeschaut und sind genauso erschöpft als wären wir Motorrad gefahren. Ich bin diesbezüglich nicht verwundert. Ein echter Mehrwert dieser Freizeit ist der Genuss von APEROL zu jeder Gelegenheit. Schließlich haben wir Urlaub. Was beim Fahren mit dem Motorrad tabu ist, ist hier und jetzt italienische Urlaubsfreude und sogenanntes "laissez faire".
Für den heutigen Tag haben wir uns einiges vorgenommen. Wir haben gestern und vorgestern lange recherchiert, an welchen Sehenswürdigkeiten wir in dieser Region definitiv nicht vorbei fahren sollten. Ein paar Ziele sind dabei herausgekommen. Die Sonne scheint schon mit ganzer Kraft in das Zimmer und signalisiert uns, es ist Zeit zum Aufstehen! Nach unserem Frühstück setzt sich unser Gastgeber an unseren Tisch und vergewissert sich in vorbildlicher Weise, ob unsere Reiseziele mit seinen Erfahrungswerten übereinstimmen. Dort wo es Defizite gibt, greift er korrigierend ein und mahnt uns an, seinen Tipps und Streckenempfehlungen zu folgen. Wir tippen seine Highlights noch als "Point of interest" in das Navi ein und starten... Heute sind wir, obwohl wir unser Basislager hier haben, deutlich früher los, um am Ende des Tages nicht zu sehr unter Druck zu stehen und uns die entsprechende Zeit zu lassen, die wir brauchen, um die Region besser kennenzulernen. Wir haben keinen echten Anfang und kein echtes Ende vor Augen. Die Sehenswürdigkeiten sind so verteilt, dass sie jederzeit miteinander kombiniert werden können, ohne die ganze Strecke in Frage zu stellen. Viel zu erzählen gibt es nicht zu den meisten Sehenswürdigkeiten die wir anschauen wollen nicht, denn sie haben keine historische Basis, sondern sind repräsentativ für die sanftmütige und gleichmäßige Ausstrahlung der Toskana, die wir heute kreuz und quer durchfahren möchten. Wir sind sehr gespannt...
Endlich haben wir sie gefunden, UNSERE Toskana! Genau so haben wir sie uns vorgestellt und auch genau so wird sie auch außerhalb Italiens vermarktet. Der Italiener wird enttäuscht sein über unsere einseitige Betrachtungsweise, denn die Region der Toskana ist um einiges vielseitiger als die Bilder es vermuten lassen. Ein bisschen was an anderen Motiven habe ich euch ja schon zeigen können. Aber wie so häufig reicht die Zeit nicht aus um sich wirklich alles anzuschauen. Deshalb sind wir beide froh das wir uns in diesem Jahr ausschließlich für eine Region Italiens entschieden haben und somit deutlich mehr sehen, als wenn wir wieder nur durchgereist wären um dem Irrglauben zu folgen, viel mehr gesehen zu haben. Es war ein phantastischer Tag. Wir haben viel besuchen können und können nun ohne Zeitdruck jederzeit in unser Hotel zurückkehren, ohne wieder alles neu organisieren zu müssen. Da uns auch das Hotel und sein Besitzer mit ihrem unnachahmlichen Ambiente und der echten, unverhohlenen Freundlichkeit in ihren Bann gezogen haben, haben wir die Rückreise auf der Karte noch einmal durchgespielt und entschieden, an diesem tollen Ort noch einen Tag länger zu verweilen. Der Chef freut sich wie Bolle und spendiert uns für drei Nächte gleich einen Sonderpreis. Heute haben wir längst nicht alles sehen können. Es ist eine gute Entscheidung, sich dieser tollen Landschaft noch einmal vollumfänglich hingeben zu können. Es herrscht kaum Verkehr und auch Touristen sind hier faktisch Mangelware. Anscheinend wollen alle ans Meer... Viel Spaß! Ich bin wieder voll in meinem Element. Motorrad fahren "at it's best". Geschwindigkeit, Motorpower oder Hubraum spielen auch hier, wie so häufig, nur eine untergeordnete Rolle. Reines Genussfahren braucht diese technischen Finessen nur bedingt. Meine Frau hat mich in diesem Urlaub, nach einem Überholmanöver, mal gefragt was denn passiert, wenn ich beim Überholen den Gasgriff voll aufziehen würde... Ich habe nur gelächelt, sie wusste dann Bescheid.
Vor mir fährt jemand der langsamer ist? Toll, dann habe ich endlich mal Zeit mir die Landschaft anzuschauen, anstatt immer nur aufmerksam auf mögliche Eskalation vorbereitet zu sein. Hier spielt das keine Rolle. Wir pausieren, genießen und sind ganz bei uns. Wir haben erneut recherchiert und und uns ein Dutzend neuer Sehenswürdigkeiten herausgesucht und wollen auch mal was für die Gesundheit tun, indem wir uns ein Schwefelbad gönnen, welches im Wald "versteckt" für alle kostenlos ist. Der zusätzliche freie Tage in Siena war ohne Zweifel gut und sinnvoll angelegt. Für den Rückweg bedeutet das jedoch, dass wir nicht den schnellsten, wohl aber den direkteren Weg nach Modena, unserem weiteren Zwischenziel auf dem Weg nach Hause nutzen sollten. Für uns beide stellt das kein Problem dar, denn beim Blick auf die Karte stellt sich schnell heraus, dass der überwiegende Teil dieser Tour in den Bergen stattfinden wird. Dort ist es kühl und fahrerisch mit Sicherheit wieder anspruchsvoll; wobei mir die letzten drei Tage fehlen werden. Berge, Kurven und Wald habe ich während meiner Reisen zur Genüge durcheilt, während die Toskana - so bewusst - neu für mich war. Die Verabschiedung von unserem Gastgeber war außerordentlich emotional, da sich der Besitzer sehr um uns gekümmert hat und mit seinen ganz persönlichen Empfehlungen eine besondere Verbindung zu uns aufgebaut hat. Als Motorradfahrer, die bei der Hitze auch noch dick angezogen sind, haben wir aber (vielleicht) auch nur Mitgefühl erzeugt.
Wir durchqueren den Geburtsort von Leonardo da Vinci (Vinci) und nehmen nicht die offensichtlich schlichter ausgebaute SP123, sondern die Straße mit der kleineren Nummer, die SP13. Ah, ja. Gut entschieden. Diese Straße führt ausgesprochen kurvig immer am Berg entlang, mit dem Blick in das Tal. Wir umfahren Florenz von westlicher Seite, steuern Pistoia an und verschwinden dann in den dichten Wäldern rund um den Berg Monte Cimone (2.166 mtr. ü.NN) und den umliegenden Orten, die dort voll mit den Vorbereitungen für die Wintersaison beschäftigt sind. Aber nicht alle werden die neue Saison hier starten können, denn bei genauer Betrachtung sind sehr, sehr viele Gebäude hier in einem Zustand, der bis zum Herbst nicht mehr zu korrigieren ist. Das zügige Passieren der Ortschaften verdeckt die tatsächlichen Mängel der dortigen Region zuverlässig... Wirklich schön und erfrischend wirkt sich die kühle Außenluft hier oben aus. Die Mesheinsätze der Motorradkleidung können hier ihre ganze Stärke ausspielen und meinen Körper "sanft umschmeicheln". Nein, ernsthaft. Es ist auch für das konzentrierte Fahren von Vorteil. Wir erreichen die Stadt Modena zu einer akzeptablen Zeit und haben dann auch mal wieder Muße, die Seele baumeln zu lassen und nutzen den angefangenen Abend für einen Spaziergang in der Nähe.
Unser nächstes Ziel ist der Gardasee und die wenig attraktive Strecke dorthin... Jede Motorradreise hat einen Teil, der landschaftlich eher uninteressant daher kommt. So geschehen auch bei uns, auf der Heimreise zwischen Modena und dem Gardasee. Wir durchqueren über viele Kilometer hinweg die sogenannte Po- Ebene, die zu einem hohen und überwiegenden Teil landwirtschaftlich genutzt wird und sich durch Viehzucht und den Anbau von Obst hervorhebt. Dass wir trotzdem nicht unaufmerksam unterwegs sind ist der Tatsache geschuldet, dass Italien in diesem Teil des Landes nahezu inflationär mit der Kontrolle der Geschwindigkeit glänzt und unsere Erwartungshaltungen zum Thema Gleichgültigkeit im Straßenverkehr erneut Lügen straft. Es ist kein Geheimnis das die Qualität der Straßen mitunter eine echte Herausforderung darstellt. Die Italiener umgehen eine Sanierung, in dem sie einfach die erlaubte Geschwindigkeit maßlos reduzieren. Und das tun sie so wahllos und wenig nachvollziehbar, dass kein Einheimischer diesen Empfehlungen auch nur ansatzweise nachkommt. Jeder Besucher wird das kennen. Verwirrend kommt hinzu, dass die Möglichkeit geblitzt zu werden anscheinend zahllos ist. Die Farbe der Kästen ist entweder grau oder orange. Mal sind die Kästen jedoch leer und anscheinend Attrappen, mal sind sie zerstört durch Sachbeschädigung und manches Mal sind sie nur zu bestimmten Zeiten und Tagen aktiviert. Mal wird geblitzt, mal funktionieren sie per Laser, aber ohne Blitzlicht.
Die neueste Variante sind wohl Anlagen, die wie Laternen über der Straße hängen und aussehen wie solche. Deren Messtechnik hat sich mir noch nicht erschlossen. Wer also mit zugewiesenen 50 km/h auf einer Landstraße unterwegs ist, verliert schnell die Contenance... Ich habe es als sehr ermüdend empfunden, die Qualität der Straße, mögliche Blitzer und andere Verkehrsteilnehmer gleichermaßen im Fokus zu behalten und nehme diese Erfahrung und Strecke als eine schlechte mit nach Hause. Südlich des Tagesziels "Gardasee" steigt die Laune enorm. Man mag über die Staus in den Ortschaften zur Hochsaison meckern so lange man will, gleichermaßen sicherlich auch über so viele Menschen, die anscheinend alle das gleiche Ziel zur gleichen Zeit verfolgen, aber der Gardasee ist trotz allem immer noch DAS Ziel. Ich kenne nur wenige Sehnsuchtsorte, die ALLES so in Perfektion anbieten, was jedem gerecht werden kann. Hier werden alle Unterkunftswünsche, landschaftliche Vorlieben, Hobbies, ... auf das Vortrefflichste bedient. Und als Motorradfahrer sowieso. Was lag also näher, als dem Ort Malcesine nach dem Check - In im Hotel einen Besuch abzustatten. Wir haben nichts besichtigt und sind einfach nur geschlendert. Es ist ein kurzer, aber intensiver Abstecher, denn alleine die Anfahrt auf der wunderschönen Küstenstrasse reicht aus um den Kopf frei zu bekommen. Wie gesagt, der Gardasee geht IMMER!
Dem o.g. Zitat folgend, möchte ich für den letzten aktiven Tag unserer Reise die Tastatur bemühen und alle Follower an dem Ende einer wunderschönen, für uns neuen und reibungslosen Reise teilhaben lassen... Die Profis von euch werden wissen das man den Gardasee nicht auf dem direkten Weg nach Norden verlässt. Ihr werdet mir zustimmen und die Alternativroute entlang des Lago di Molveno und über den Mendelpass mit erhobenem Daumen empfehlen. Gut so! Die anderen Strecken sind für Camper, Busse, und alle anderen... Immer wieder und überall spüren wir den Luxus einer eingeschränkten Reiselust, die auch für Italien zutreffend ist. Die Straßen sind leer und lassen sich in hervorragender Weise befahren. Unser heutiges Tagesziel ist die Stadt Innsbruck, denn dort soll der Autoreisezug der ÖBB ab 21°° mit uns das Land in Richtung Hamburg verlassen. Wir haben eine Strecke von gut 260 Kilometern vor uns und wissen, dass die Zeit bis heute Abend gut investiert sein will. In Bozen gibt es Möglichkeiten in Richtung Innsbruck abzubiegen. Über die Schnellstrasse parallel zur Brennerautobahn, westlich durch die Stadt Meran und über den Jaufenpass, oder unsere Alternative! Wir fahren sozusagen mittendurch und überqueren das Penser Joch. Der Schock ist gewaltig, denn von schnuckeligen 30°C im Tal, kühlt sich die Luft hier oben auf erfrischende 14°C ab und wir müssen das erste Mal auf dieser Reise alle Belüftungsmöglichkeiten an den Jacken und Hosen schließen.
Es ist wieder einer dieser Tage, der mit dem Thema Rückreise im schlechtesten Sinne nichts zu tun hat. Im Gegenteil, ich finde meinen Rhythmus und brauche keine maßlose Geschwindigkeit um mein Glück zu finden. Ich finde die Kurven und lasse mich genussvoll hineinfallen ohne jedes Mal wieder bremsen zu müssen und den Flow aus der Fortbewegung zu nehmen. Am Scheitelpunkt der Kurve angekommen, ziehe ich gemächlich das Gas auf und spüre den Druck, den 136 PS im optimalsten Fall andeuten können. Das Motormapping stelle ich auf "Dynamic" und alles geht seinen Gang. Die Strecke ist durchweg wunderschön und von tollen Aussichten geprägt, die einen Blick zulassen auf die Täler, die wir durchqueren müssten, hätten wir den schnellsten Weg gewählt. Kurz vor Innsbruck fängt es an zu regnen. Das erste Mal während der vierzehn Tage. Ihr kennt das. Wechsele ich die Kleidung? Ziehe ich meine Regenfutter in die Jacke? Wir waren hart und haben es überlebt. Glücklicherweise. Am Folgetag sind wir pünktlich in Hamburg und fahren von dort ausschließlich über die Landstrasse gen heimatlichen Wohnort. Ich schließe meine Erzählungen einer wundervollen Reise mit warmen und persönlichen Momenten, die aus meiner Sicht nur mit dem Motorrad zu erleben sind. Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr ein paar Details näher beleuchten und alles noch einmal aufarbeiten. Ich stehe auch im Nachhinein immer gerne für alle zur Verfügung, wenn jemand eine Frage zu meinen Erfahrungen hat.
Fazit: Die Motorradreise in die Toskana - war nicht geplant und ist nur deshalb entstanden, weil die Reisewarnungen und Beschränkungen für Italien und die Schweiz aufgehoben, beziehungsweise abgemildert wurden. Die sehr kurzfristige Realisation der Reise in die Toskana hat dazu geführt das wir uns den angenehmsten, schnellsten und augenscheinlich auch bequemsten Weg ausgesucht haben, der zu diesem Zeitpunkt für uns möglich war. Und das war tatsächlich der AutoZug der ÖBB von Hamburg nach Innsbruck. Für rund 170.- / Strecke / Person / Motorrad kann ich selber nicht mit der eigenen Maschine anreisen und will es auch nicht (mehr). Die Toskana war - selbst mit mehrmonatigem Abstand betrachtet - ein ausgesprochen angenehmes und ruhiges Reiseziel. Wir waren Lichtjahre davon entfernt uns mit einer übermächtigen Anzahl von anderen interessierten Personen die Region teilen zu müssen. Die Pandemie und deren Auswirkungen auf den Tourismus haben wir hautnah miterlebt. Die Willkommenskultur der Italiener und die Freude darüber, den Weg trotzdem dorthin gefunden zu haben, war allenthalben zu spüren. Die "offene Arme - Kultur" ist immer noch erfrischend. Das der große Teile der Italiener dann auch noch deutsch spricht, macht den Aufenthalt um so schöner und wohlgefälliger.
Uns hat es sehr gut getan in diesem Urlaub nicht unbedingt jedem Highlight, welches mit einem "Ahh und Ohh - Effekt" belegt ist, hinterherzulaufen. Die Toskana besticht durch andere Qualitäten. Für mich, als eher defensiver und genussorientierter Motorradfahrer, kam diese angenehme Grundruhe sehr gelegen. Der Wunsch, hier einfach einmal anzuhalten um sich in Ruhe umzuschauen, war vielerorts übermächtig. Natürlich sind wir auch viel und lange gefahren, aber in diesem Jahr mit einer anderen Triebfeder und Zielvorgabe.Es hat sich weiterhin als sehr angenehm und vorteilhaft erwiesen nicht zwingend jeder Innenstadt und Sehenswürdigkeit hinterher zu laufen. Das war auch neu für uns und entschleunigte enorm. Als Konsequenz dieses kurzfristigen Reiseantritts war die Vorbereitung auch davon abhängig was wir vor Ort noch recherchieren konnten. Auch die Eingrenzung eines festen Gebietes hat sich in diesem Fall als sehr hilfreich erwiesen. Der häufig gelebte Wunsch "ein ganzes Land" zu erfahren, erweist sich oftmals als das genaue Gegenteil.
Mittlerweile - und das kann auch am Alter liegen - suche ich die optimale Kombination von purer Fahrfreude und einem Rest von Entdeckung, der danach noch möglich erscheint. Ich habe hier vor Ort herausgefunden wie es geht. Und zwar ganz hervorragend. Wir hatten großes Glück mit dem Wetter, welches sich für mich als noch erträglich erwies. Je nach persönlichem Gusto ist die Toskana aber in einem realistischen Zeitrahmen von maximal einer Woche entdeckt. Natürlich ist auch mehr möglich.
Nun muss man zu meiner Geschichte auch wissen das die reine Freude am Fahren zu einhundert Prozent von meiner derzeitigen Maschine, einer BMW R1250GS HP, ausgeht. Meine Leidenschaft für BMW und das Kürzel GS existiert schon seit vielen Jahren und wird, wenn BMW und mein Händler clever sind, noch viele weitere Jahre anhalten. Dieses Motorrad verbreitet einen Fahrspaß, den ich so noch nie vorher erleben durfte. Die technische Reife, die Ausgewogenheit, die Universalität, ... die meiner Art des Reisens auf den Leib geschneidert ist. Das Motorradfahren hat, gerade für die Urlaubsreise, eine besonders hohe Dringlichkeit von mir erhalten.
Den Track dieser Tour kann man im Bereich Downloads herunterladen...
Dort haben wir übernachtet: Pisogne (Lago d'Iseo), San Terenzo, Florenz, Siena, Modena, Malcesine (Gardasee)
Die Reise wurde als Video hier https://youtu.be/i_Xa5Lbmyi4 aufbereitet.