Die Ligurische Grenzkammstrasse, hier kurz "LGKS" genannt, wird im Internet im Zusammenhang mit dem Thema Endurofahren zigfach erwähnt. Die beiden Suchbegriffe fördern hunderte mehr oder weniger gut gemachte und gepflegte Stories zu diesem Thema hervor. Diese Seite soll das Rad deshalb nicht neu erfinden und die gleiche Strecke zum 101ten Mal wiederholt und detailliert vorstellen. Es stellt sich also berechtigterweise die Frage warum ich mir trotzdem die Zeit nehme um dieses Motorradziel hier näher vorzustellen.
Die Frage ist schnell beantwortet, denn viele Beiträge die sich im Internet zu diesem Reiseziel finden lassen haben selbstverständlich im Laufe der Zeit ihr Alter erreicht und somit einen Teil ihrer Aktualität eingebüßt. Zumal das Thema Streckensperrungen schon seit Jahren durch die Medien geistert und viele aktive Enduristen und Tourenfahrer verunsichert, die sich die Alpen und deren Schotterstrecken als Ziel vorgenommen haben. Die Karte der gefahrenen Tour habe ich mit freundlicher Genehmigung von Michael Kiontke. Ich habe aus allen Einzelkarten seiner Seite eine gemacht und biete sie als PDF - Datei zum Download an. Zu den geplanten und tatsächlich durchgeführten Sperrungen biete ich im Downloadbereich eine PDF - Datei aus der Zeitschrift "MotorradAbenteuer 06/2007" an (mit freundlicher Genehmigung: Markus Golletz). Mein persönlicher Dank gilt dem Autor Markus Golletz, der mir die Bereitstellung auf meiner Seite auf Anfrage genehmigte. Weitere Themen rund um das Thema Motorrad und Reisen unter: www.markusgolletz.de. Zum anderen bin ich diese Strecke im Juli des Jahres 2008 auch gefahren und möchte sie der Form halber natürlich auch gerne auf meiner Homepage vorstellen. Und da viele Personen sich lieber Bilder anschauen, als lange Texte zu lesen, habe ich natürlich auch ein paar Bilder in meiner Galerie zu diesem Thema bereit gestellt. Einige Sachen waren in diesem Jahr aber anders als in den Jahren zuvor: Zum einen erfolgte die Anreise das erste Mal seit etlichen Jahren mal nicht mit dem Autoreisezug sondern mit einer kraftvollen Zugmaschine von Audi und einem Motorradanhänger der die drei Maschinen ohne Platznot aufnahm. Zum anderen verbrachten wir sehr viel weniger Zeit vor Ort und auf den Motorrädern als sonst bei uns üblich. Da wir alle auch noch private Verpflichtungen hatten war dieser Kurzurlaub zumindest der bestmögliche Kompromiss für alle Beteiligten.
Die technischen Daten unseres Anhängers: Ladefläche: 4 x 2 Meter, Leergewicht: 545 kg, Nutzlast: 1455 kg, zul. ges.Gewicht: 2000 kg, Länge über alles: 5,35 Meter, Breite: 2,48 Meter, zul. Stützlast: 100 kg, zul. Achslast: 1900 kg. Die Fahrergruppe bestand in diesem Jahr aus meinen langjährigen und erprobten Weggefährten Frank (Yamaha XTZ 660 Ténéré), Olli (KTM 640LC 4) und meiner Wenigkeit (Suzuki DR800S Big).
Als Vorbereitung für diese Tour habe ich recherchiert wie ein Verrückter. Hunderte von Informationen habe ich im Internet zur LGKS gelesen. Herausgekommen ist dabei nur eins: Kein Bericht gleicht dem anderen. Zuverlässige Strecken- und Schwierigkeitsinformationen waren für mich im Nachhinein also kaum nutzbar. Das mag mehrere Gründe haben. Zum einen ändert sich der Streckenzustand in diesen Höhenregionen jährlich und zum anderen ist das Erfahrungspotential und die Einschätzung der eigenen Leistungsgrenzen im Bereich Offroad- und Endurofahren mit Sicherheit bei jedem anders. Einige grundlegende Fakten zur LGKS möchte ich auf der folgenden Seite gerne bestätigen, bzw. nach eigener Erfahrung wiederlegen:
FAKT 1: Der Nordeinstieg zur Ligurischen Grenzkammstrasse - kurz LGKS - beginnt ein paar Kehren vor der Einfahrt zum "Tunnel di Tende". Es folgen fast 50! Kehren bis zum Fort Central. Diese Kehren sind zuerst geteert, wechseln dann aber in Rollsplitt und später in groben Schottter. Wer das Fort Central besichtigt hat, der findet den offiziellen Einstieg zur LGKS auf zweierlei Art. Entweder durchquert man das Fort und folgt der Schotterstrecke, oder man folgt der unter dem Fort verlaufenden Straße bis zur Restauration und biegt nach einem Cappuccino anschließend scharf rechts ab. Beide Straßen treffen sich dort wieder.
FAKT 2: Die Ligurische Grenzkammstrasse ist im Bereich der o.g. Nordzufahrt vom direkten Einstieg hinter dem Refugio, bis hinter den Colle de la Boaira definitiv gesperrt! Die Zufahrt ist versperrt durch eine breite, gesicherte Schranke aus Metall. Doch wie in Frankreich und Italien üblich, führt an solchen Schranken immer ein kleiner Trampelpfad vorbei an dem sich die Maschine knapp vorbeizirkeln lässt. Doch bevor es jetzt Kritik hagelt: Wir haben lange vor der Schranke gestanden und mehrere Personen (Wanderer, Mountainbiker u.a.) nach der tatsächlichen Situation befragt. Alle haben unserem Vorhaben zugestimmt und hatten nichts gegen ein Befahren, wenn wir auf die dort anzutreffenden Personen Rücksicht nehmen; was für uns selbstverständlich ist. Die Situation bleibt in jedem Fall zweifelhaft und klärt nicht das Problem, wenn wir doch auf ein paar offizielle Gesetzeshüter treffen würden. Es muss also jeder für sich selbst entscheiden für welche Vorgehensweise er sich entscheidet... Als Alternative bleibt dann lediglich die Anfahrt von Süden her.
FAKT 3: Die Strecke ist definitiv nur für Enduros geeignet. Motorleistung, Bereifung und Gewicht sind fast nebensächlich. Entscheidend ist lediglich das fahrerische Können. Ich habe mit meiner DR800S Big fast 240 Kg über die Pisten geschoben und bin ohne Schwierigkeiten bis zum Ende durchgefahren. Aber auch Trialmotorräder sind uns begegnet.
[Die Ligurische Grenzkammstrasse]
FAKT 4: Das anspruchvollste / schwierigste Stück der LGKS beginnt mit der Abfahrt zum Colle de la Boaira und endet kurz vor dem Colle des Seigneurs. Es besteht aus sehr schmalen Wegstrecken mit einer unheimlichen Nähe zum Abgrund, Felstreppen, und sehr grobem Schotter der oftmals nur das Fahren im Stehen und mit Schritttempo zulässt. Ein weiteres Teilstück ist die Stelle hinter dem Passe de Colle Ardente. Hier steigt die Straße steil an und führt durch einen dichten Wald. Bei ausreichend Feuchtigkeit ist dieses Teilstück so schmierig und rutschig, dass es durchaus vorkommen kann, dass das Vorderrad der eigentlichen Spur folgt, das Hinterrad aber plötzlich quer zur Fahrtrichtung ausbricht. Hier helfen auch keine Stollenreifen. Schleichtempo und besonnenes Fahren ist hier Priorität, ansonsten kann es einen unfreiwillig in den Wald befördern.
FAKT 5: Die gesamte Strecke ist gute 80 Kilometer lang. Die Chance jemandem zu begegnen ist eher gering. Essen, Trinken, ein paar Ersatzschläuche, Werkzeug, Regensachen und das Handy sollten also unbedingt eingepackt werden.
FAKT 6: Unser Standort war der Camping Municipale in Tende. Da die ganze Strecke kein echter Rundkurs ist war es enorm schwierig die Strecke so zu legen, das sich doch ein fahrbarer Kreis bildet. Wer die Strecke - aus welchen Gründen auch immer - unterbrechen möchte, für den finden sich nicht so viele Möglichkeiten. Und wenn sich doch eine Abkürzung findet, dann führt sie meistens nach Italien. Was uns nicht weitergeholfen hat!
Für unseren Fall stellte sich folgendes Problem: Camping in Tende, Beginn der Tour am Fort Central, Ende der Tour ist die SP 65; eine Verbindungsstrasse die nach Triora, bzw. Pigna (in Italien) führt. Von dort aus gibt aber leider keine direkte Verbindung, die zurück nach Tende führt! Der einzig machbare Weg führt tatsächlich bis an die Küste nach Ventimiglia und wieder Richtung Norden bis nach Tende. Die tatsächliche Länge der Tour steigert sich also von 70 auf knapp 150 Kilometer. Das ist besonders ärgerlich nach einem anstrengenden Tag auf losem Untergrund. Von der Zeitverschwendung einmal abgesehen.
FAKT 7: Einen wirklich idealen Standort für ein Basislager gibt es nicht.
FAKT 8: Wer jedoch in Tende zeltet, der kann die Tour „in der Mitte“ beginnen und sich auf der Scheitelhöhe der LGKS entscheiden welche Richtung er einschlagen will. Der Einstieg ist wie folgt möglich und anscheinend der Einzige von der französischen Seite: Tende > la Brique > Der 299 folgen bis zur Abzweigung zur 266 bis Notre Dame des Fontaines > Nach ein paar hundert Metern wieder ganz scharf rechts auf die 259. Anschießend immer der Piste folgen. Ein Verfahren ist (obwohl die Karte etwas anderes vorgaukelt) nicht mehr möglich! Man erreicht dann den Pas de Colle Ardente. Hier kann man sich dann zwischen der Süd- oder Nordbefahrung entscheiden!
FAKT 9: Unabdingbar ist auch eine IGN - Karte von der Italienischen Seite. Es führen sehr viele Abkürzungen von der LGKS nach Italien. Um sich dort zurechtzufinden ist dies sicherlich sehr hilfreich!
Die Suche nach geeignetem Kartenmaterial gestaltete sich als sehr kompliziert, da die wenigsten Buchläden detailliertes Material für diese Region (vor allem in einem passenden Maßstab) automatisch bereithalten und auch das Internet in diesem speziellen Fall keine akzeptable Lösung geboten hat. Zwei Karten hatte ich in meinem Buchladen zur Ansicht:
[MICHELIN Französiche Riviera / Seealpen. Kartennummer 341. Maßstab 1:150.000 (Die Farbe der Karte ist gelb)]
[MICHELIN Zoom. Kartennummer 115. Maßstab 1:100.000 (Die Farbe der Karte ist grün)]
Beide Karten hatten den Nachteil, dass ein Teil der Ligurischen Grenzkammstrasse - nämlich der italienische - in einigen Streckenabschnitten fehlte. Und obwohl beide Karten mit einer hohen Detailtreue aufwarten können, so fehlt halt doch ein deutlich kleinerer Maßstab, um wirklich auch vor Ort den nächsten passenden Weg zielsicher einschlagen zu können. Die Zeichnung der Landschaft und Höhenlinien sind - wie bei diesen Karten üblich - ohne Makel. Wie ich finde. Wirklich empfehlenswert ist eine Karte vom IGN (Institute Géographique National). Die Bestellzeit im Buchhandel war aber mit etwas über zwei Wochen etwas zu lang bis zum Start der Reise, leider. Wir mussten also nach geeignetem Kartenmaterial vor Ort suchen...und haben es gefunden. IGN Kartennummer 3841 OT. Vallée de la Roya. Maßstab 1:25.000.
Es scheint aber dennoch unerlässlich sich mit italienischem Kartenmaterial einzudecken, wenn man die "Abkürzungen" der LGKS in Richtung Italien nutzen möchte! Hier sollte aber jeder für sich selbst eine Auswahl treffen. Eine günstige und für Motorradfahrer gut knickbare Alternative kommt wieder aus dem Hause MICHELIN und hat die Kartennummer 351 für Italien.